Multiple Kreativitäten
Multiple Kreativitäten ist ein konzeptionelles Rahmenwerk (Luther 2009), in Anlehnung an das Konzept der Multiplen Intelligenzen von Gardner; es begreift Kreativität nicht als unidimensionale Entität, sondern als einen Komplex aus unterschiedlichen kreativen Feldern, die sich, auf der Basis eines zentralen Grundverständnisses, jeweils individuell definieren.
Ausgehend von dem Gedanken, dass es so etwas wie "eine universelle Kreativität" nicht gibt, sondern dass ganz unterschiedliche Arten,AUsprägungs- und Erscheinungsformen von Kreativität auftreten, entstand das Konzept der Multiplen Kreativitäten. Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass von Kreativität in der Praxis sehr unterschiedliche Begrifflichkeiten und Anwendungsfelder existieren, die sich zum Teil deutlich voneinander unterscheiden und Kreativität jeweils autark definieren. Multiple Kreativitäten beschreibt einen Denkansatz und ein Rahmenwerk, in dem unterschiedliche Ausprägungsformen von Kreativität, wie z.B. Kunst, Werbung, Innovation und weitere Felder mit eigenen Anforderungsprofilen, Definitionen, Gesetzmäßigkeiten, "Werkzeugen" und Formaten als gleichberechtigte Formen von Kreativität nebeneinanderstehen, obwohl sie z.T. sehr unterschiedlich ausgeprägt sind.
Das Konzept respektiert, dass jedes Feld einen eigenen Definitionsansatz verfolgt und verzichtet bewusst darauf, eine allgemeine enge Begrifflichkeit für das Konstrukt Kreativität festzuschreiben. Es gibt vielmehr eine gemeinsame, weitgefasste Definition als Rahmen an, die von jedem Feld unterschiedlich interpretiert werden kann.
Im Einzelnen werden in dem Konzept 4 Kategorien mit je 2 Polen (Beispiel: expressive Kreativität) unterschieden; jeder Pol umfasst 4 autarke kreative Domänen (Beispiel: Schauspielerische Kreativität), die sich ggf. weiter unterteilen können (Beispiel: Theater).
Die 8 Haupt-Pole des Modells sind:
- expressive Kreativität
- impressive Kreativität
- formative Kreativität
- informative Kreativität
- edukative Kreativität
- produktive Kreativität
- operative Kreativität
- permissive Kreativität
Beispiel für Zuordnung
Nachfolgend stehen 8 Beispiele für die Zuordnung konkreter Erscheinungs-/ Anwendungsformen zu den einzelnen Bereichen der Multiplen Kreativitäten. Alle Formen stellen jeweils eigenständige Bereiche da, die sich unterschiedlich definieren und ein eigenes Verständnis bzw. eine eigene Definition von Kreativität besitzen
Pol | Domäne | Anwendungsfeld (Beispiel) |
expressive Kreativität | Kunst | Malerei |
impressive Kreativität | Zauberei | Bühnenzauberei |
formative Kreativität | Design | Modedesign |
informative Kreativität | Schriftstellerei | Dichtung |
produktive Kreativität | Erfinden | Profi-Erfinden |
edukative Kreativität | Lehren & Lernen | Training |
operative Kreativität | Problemlösung | Performancemanagement |
permissive Kreativität | Kinder/ Erziehung | Spiel |
Vorteil
Der Vorteil des Multiple Kreativitäten-Ansatzes ist, dass er Kreativität aus dem Mythos der "Einseitigkeit" herausführt und damit auch aus dem Definitionsdilemma entlässt. Er schafft einen Rahmen für die gegenseitige Anerkennung und Vereinigung aller existierenden Kreativitätsfelder, unter vollständiger Beibehaltung der Feldindividualitäten; damit legt er auch den Grundstein für eine Anerkennung von Kreativität als eigenständiges autonomes Wissenschaftsgebiet.